Ich muss ehrlich sagen, dass ich einfach das ganze Leben nur Glück gehabt habe.
Mein Name ist Althaler, Konrad. Ich war der Serfauser Bäcker. Was soll ich weiter sagen. Eigentlich habe ich das letzte Mal dem Pfarrer alles gesagt.
Wenn man heute auf die Welt kommt, sucht man sich seinen Beruf leicht aus, den man will. Meinen Beruf habe ich einfach nehmen müssen, weil der Onkel gesagt hat, er wird Bäcker. Bei uns wäre es halt ein Glück gewesen, wenn einer mal Priester geworden wäre. Und der Hermann der wäre eigentlich der ideale Mensch gewesen. Bei mir hat der Onkel gesagt, nein der ist viel zu blöd zum Pfarrer.
Ja so ist das halt. Sicher, lernen oder in der Schule, war ich nie ein guter Schüler. Angefangen zu lernen habe ich erst in der Berufsschule. Da haben wir… früher hatten wir wirklich gute Lehrer. Wir haben zwei Professoren gehabt und da habe ich eigentlich erst den Knopf aufgemacht, wie man sagt. Da habe ich erst angefangen zu lernen. Für mich persönlich gibt es keine blöden Leute, oder fast keine blöden Leute. Nur der eine macht früher, der Andere macht später den Knopf auf. Und hat er nachher die Möglichkeit sich zu entfalten oder nicht. Das sind nachher so die Fragen. Weil… Sie sagen mit meiner Ausbildung, meiner schulischen Ausbildung, hätte ich nie das erreichen dürfen, was ich erreicht habe. Wenn du nicht Glück hast, nachher passiert einfach etwas andres. Du musst im Leben immer wieder Glück haben und sonst… Und das habe ich mein Leben lang eigentlich immer gehabt. Das muss ich einfach ehrlich sagen, dass ich einfach das ganze Leben nur Glück gehabt habe. Es ist so manches passiert, okay… Aber sonst nur Glück.
Frau Doktor, was ist alt? Weil alt bin ich jetzt. Wenn du mal über 80 bist, nachher bist du schon alt.
In der Früh geh ich Frühstücken. Nachher brauch ich den Computer, dann habe ich autogenes Training. Da brauche ich 1,5 Stunden. Bis ich das ganze Programm runter geradelt habe. Das ist eine Sache vom Menschen. Ich hab ja letztes Jahr einen Schlaganfall gehabt, da sagt sie in der Reha: Ich kann nicht mehr alt werden. Nachher habe ich gelacht, Frau Doktor, was ist alt? Weil alt bin ich jetzt. Wenn du mal über 80 bist nachher bist du eigentlich schon alt.
Ja, nein, sie hat es nicht so gemeint. Na… mir geht es geistig gut. Mit den Füßen habe ich ein bisschen Probleme aber sonst bin ich zufrieden.
Ich habe halt einfach nur Glück gehabt. Sicher, zum Glück hat jeder selber seinen Beitrag zu leisten. Nach dem Tod von der Frau habe ich fünf Jahre wie ein Wahnsinniger gemalt. Das war einfach ein Zeitvertreib oder um den Tod zu überwinden, habe ich gemalt. Zuerst Acryl, nein zuerst Aquarell und dann Acryl, und nachher die Federzeichnungen. Manche sind ganz gut. Ich wollte schon etwas von meinem Denken hineingeben. Und auch die Gefühle. Wenn es jetzt schwer ist… nachher malst du dunkler. Und sonst, wenn du fröhlich bist, nachher malst du etwas Helles.
Ich weiß nicht, wie viele Bilder ich gemalt habe.
Weit über 100. Und jetzt, wenn ich mal Besuch habe oder so, nachher verschenke ich die Bilder. Ich sage nur, meine Bedingung immer, es muss aufgehängt werden
Wegen dem, dass ich kein Geld habe, bin ich nicht arm.
Ja, was haben meine Eltern gemacht. Gearbeitet. Und heute heißt es immer, wir waren arm. Nein, sage ich, aber wir waren nicht arm. Wir haben kein Geld gehabt. Aber das ist ein Unterschied zwischen arm sein und kein Geld haben. Und das ist nämlich Folgendes: Für uns Kinder, wenn wir heimgekommen sind, oder wenn wir in die Hose gemacht haben oder ganz gleich, wie wir ausgeschaut haben, wir haben eine Stube gehabt, da waren wir daheim. Deswegen, dass wir kein Geld gehabt haben, waren wir nicht arm. Für mich ist derjenige arm, der nichts aus seinem Leben macht. Oder wenn einer krank ist, okay… aber sonst… Arm bin ich nur mal im Geiste, wenn ich nicht weiter mache im Leben. Dann bin ich arm. Aber sonst nicht. Wenn ich kein Geld habe…
Ich habe nie eines gehabt. Umgewechselt, ja, durch die Finger geronnen, ja. Aber selber… Nach 10 Jahren haben wir die erste Reise gemacht, mit meiner Frau, und das darf ja sein. Wie wir geheiratet haben, habe ich um 8 Uhr am Abend zu meiner Frau gesagt, gehst du jetzt mit heim? Weil am nächsten [Tag] bin ich schon wieder in der Backstube gewesen und die Frau ist nachher in das Geschäft gegangen. Jetzt kann man sagen, das war arm…. Nein!
Da habe ich sie immer bewundert. Oder erst später mal. In der Kindheit, da denkst du gar nie daran. Wie ist das möglich, wie schafft sie das.
Meine Mama hat vier Geschwister gehabt. Und Kinder hat sie nachher 10 gehabt. Und das war halt, jetzt bin ich ein bisschen gehässig, früher haben sie halt keinen Fernseher gehabt und keine…. Da hat es halt 10 Kinder gegeben ohne Verhütung. Das war schon bei meiner Frau nicht mehr denkbar.
An und für sich ist man am Schurz von der Mutter aufgewachsen. Nachher haben die Kinder einander selber erzogen oder auch nicht erzogen. Weil ich weiß noch, ich bin mal drei Wochen überhaupt nicht in die Schule gegangen. Bis die Lehrerin mal zur Mutter gekommen ist und sagt: Ist der immer krank? Wieso, der geht doch jeden Tag in die Schule!
Ja, das war früher halt alles denkbar. Das ist heute alles nicht mehr möglich. Wir sind richtig verpflegt worden, wir sind richtig angelegt worden, auf das hat die Mutter einfach geschaut und da, wie ich gesagt habe, da habe ich sie immer bewundert. Oder erst später mal. In der Kindheit, da denkst du gar nie daran. Wie ist das möglich, wie schafft sie das. Aber das ist schon eine Leistung für eine Frau.
Jetzt ist der Vater gestorben. Er ist nach dem Krieg, nach dem 1. Weltkrieg, da hat er Gelbsucht gehabt und ist dann gelegen und halt nachher gestorben. Wenn man jetzt heute sagt, das war schlimm – das war halt einfach so. Zur Mutter habe ich nach der Beerdigung gesagt: Mama, mach dir nichts daraus. Wir kaufen uns einen Neuen. Ja….
Und man ist vielleicht auch härter aufgewachsen wie heute, weil, das wäre heute furchtbar, aber… Ja… das was einfach ein anderes Leben, man kann nicht sagen, dass war schlechter, oder das war besser. Es war halt anders.