Manchmal frage ich mich, was ich getan hätte. Ich wäre sicher kein guter Bauer geworden. Ich habe keine Hand dafür, ich kenne das Vieh nicht auseinander. Das hat mich nie so interessiert. Und ich habe halt mitgemacht, weil es dazu gehört hat.
Und es war schon wirklich sehr abgeschlossen und fast eng bei uns. Da im Dorf. Der Gesprächs- und Gedankeninhalt war wirklich nur der Bereich hier von Serfaus. Die Landwirtschaft. Ein bisschen Holzwirtschaft. Die Viehwirtschaft. Sonst hat es eigentlich kaum Themen gegeben.
Als ich dann Matura gemacht habe war dann schon die Überlegung, ja was tue ich. Und dann bin ich auf die Juristerei gekommen und habe dann das Jusstudium angefangen. Zwischen den Leuten braucht es bestimmte Regeln, dass das Zusammenleben funktioniert. Und diese Ordnung, die hat mich immer schon interessiert und darum bin ich auf Jus gekommen.
Medizin wäre auch noch eine Möglichkeit gewesen aber im Gymnasium habe ich nichts mit Chemie zu tun gehabt.
Und so ist für mich Medizin weggefallen. Der Wunsch meiner Mutter war sicher das Theologiestudium. Ein Bruder von ihr, also mein Onkel, der war Pfarrer. Er war auch hauptsächlich dahinter. Aber das ist nicht so gegangen. Da waren zu viele Prägungen im Klosterinternat und das war dann etwas ablenkend.
Ich war sicher ein guter Schüler. Und so hat man mich dazu gebracht, in das Gymnasium zu gehen.
Ich bin unterhalb vom Widum geboren, das war das Elternhaus. Und ich bin dann da in die Schule gegangen, war sieben Klassen, sieben Jahre in der der Volksschule. Und dann haben mich meine Eltern in das Gymnasium in Innsbruck geschickt. Ich habe dann in der Angerzellgasse das Gymnasium gemacht und danach wie üblich Präsenzdienst. Und dann habe ich mit dem Studium angefangen.
Es war sicher ein Privileg, aber ich habe das nicht so empfunden. Du gehst jetzt. Dann war ich im Klosterinternat im Stift Wilten. Da ist es noch recht streng zugegangen. Da war ganz viel Ordnung und Reglementierung.
In der Früh aufstehen, Messebesuch in der Stiftskirche. Frühstück, Schule gehen, eine halbe Stunde in die Schule gehen. Genau den vorgeschriebenen Weg. Durch die Leopoldstraße, Maria-Theresien-Straße. Und dann am Nachmittag Mittag essen und die Studierstunden. Und es war auch ziemlich viel Sport dabei, Ball spielen und am Sonntag Wanderungen. Weil die Heim-Besuche waren wirklich nur zu Allerheiligen und dann erst wieder zu Weihnachten. Ostern und Sommerferien. Manchmal habe ich das schon als sehr streng empfunden. Aber man hat sich daran gewöhnt. Es hat ja nichts anderes gegeben.
Es ist schade, wenn man die eigene Geschichte nicht erfragt. Ich weiß lange nicht alles.
Ich kann mich noch erinnern, mein Vater hat mir auf dem Feld mal das Griechische Vater Unser beigebracht. In Griechischer, also in altgriechischer Sprache. Pater hēmōn ho en tois uranois. hagiasthētō to onoma su; eltetō hē basileia su. Ja, bis jetzt weiß ich es. Mein Vater war auch im Gymnasium. Er hat in Hall das Gymnasium gemacht, im Franziskanum. Und war dann eine Zeit lang in Neustift bei Brixen, im Südtirol, eingetreten. Er ist dann auch Gründen, die ich nie genau erfragt habe, wieder zurück nach Serfaus gegangen. Ich habe eigentlich zu wenig nach seiner Lebensgeschichte gefragt.
Meine Mutter war elf Jahre jünger als der Vater und war sicherlich sehr führsorglich.
Kinder, Küche, Kirche. Die drei „K“.
Ich habe eine Schwester gehabt, die fünf Jahre jünger war. Sie war Mongoloid. Und sie war fast die ganze Zeit bei meiner Mutter, meinen Eltern, beim Vater. Man hat sich schon nach außen hin ein bisschen geschämt, mit einer behinderten Schwester weg zu gehen. Aber es war nicht so ein großes Handicap. Ich habe es im Dorf so empfunden, dass es schon akzeptiert wurde und es war halt so.
Es gibt keine allgemeinen Regeln, man kann kein Rezept aufstellen aber doch manchmal etwas zurückschalten und hinterfragen.
Es waren schon nach dem… in den 50er Jahren ein paar Gäste da, es waren aber kaum Gastwirtschaften. Es hat den „Furgler“ gegeben und den „Löwen“. Aber richtig gestartet ist es aber erst in den 60er Jahren. Die ersten großen Hotels sind da entstanden. Das „Cervosa“ und der Vorläufer vom „Bär“, der „Alpenhof“. Die sind damals gebaut worden.
Ich habe mir damals gedacht, ob das nicht zu rasch geht. Obwohl das sicher für heutige Zeiten nicht rasch gegangen ist. Aber ich habe mir damals gedacht, ob das gut geht. Wenn plötzlich so viele neue Menschen im Dorf sind.
Mit kommt vor, dass das Bestreben der letzten Jahrzehnte nach immer mehr und immer größer ist. Und da sage ich mir, ob das wohl Glück bringt, dass man möglichst viel umbaute Kubatur hat. Es ist schon gut, dass wir eine gute Industrie haben, eine Tourismusindustrie. Es ist ja schon fast eine Industrie. Die Lebensweise ist wesentlich komfortabler geworden. Es würde in meinen Augen aber nicht schaden, wenn der große Tourismusstrom sich etwas verringert.
Die jungen Leute, die haben noch eher Vorstellungen und Wünsche. Bei alten Leuten ist der Gedanke eher zurück.
Als ich in Pension gegangen bin, hat mich Paul Greiter gefragt, ob ich nicht den Seniorenbund machen möchte. Da habe ich gesagt: Ja, irgendwas Soziales im Dorf tu ich schon. Und so bin ich zu dem Job gekommen.
Es bringt schon viel, wenn die Leute miteinander reden und sich austauschen und gegenseitig fragen, wie geht’s dir. Wie geht’s dir gesundheitlich. Wie geht’s dir psychisch. Und dass man auch Punkte in das Jahr rein setzt in denen man echt etwas unternimmt. Den gemeinsamen Ausflug. Eine gemeinsame Wanderung. Das bringt’s schon. Und ich hatte am Anfang ca. 20 Personen. Und inzwischen habe ich fast die gesamte ältere Generation dazu gekriegt. Das sind jetzt ca. über 100. 110 oder so in etwa.
Es geht viel um früher. Natürlich auch ein bisschen über das Dorfgeschehen. Da wird manchmal schon gemeutert. Geschimpft. Aber sonst geht’s doch hauptsächlich über Verwandtschaften. Frühere Episoden und wie es früher gelaufen ist. Früher war’s anders. Und heute ist es noch die Aufbaugeneration, die doch viel aufgebaut hat nach dem Krieg, in den 50er und 60er Jahren. Und sie betrachten es schon manchmal kritisch, wie es heute alles geschieht. Und für manche ist es schon zu heiß. Die Entwicklung.