Oh, das wird etwas abgeben mit mir. Ein alter Esel, heißt es immer.
Wir sind 11 Kinder gewesen. Im Schnitt alle 2 Jahre. Und da hat es auch immer geheißen, wenn man mal krabbeln kann oder 6 Jahre alt gewesen ist, hat man auch daheim helfen müssen, rechen und ein paar „Huanza“ tragen. Und der Vater, der hat vielleicht so um 29/30 den Stadel gebaut, das hätte uns bald den Hof gekostet. Eine ganz eine arme Zeit, die 30er Jahre. Und das Vieh hat man nicht mehr hergeben können, immer billiger.
Zum Essen hat man das gehabt, was man selber gehabt hat. Man hat ja viele Acker gehabt, man hat selber Roggen und Weizen angebaut. Man hat das selber in Ried gemahlen. Weil die Mühle, die war immer bei einem Bach. Und man hat nicht die Arbeit, das Mahlen, bezahlt. Der hat sich Korn weggenommen. Und gekauft hat man halt „Tirkamehl“, ein Maismehl. Man hat viel „Tirkala“ gemacht, man hat Gerste und viel Erdäpfel gehabt. Die waren sogar ganz gut. Man hat morgens keinen Kaffee gehabt, man hat jeden Tag eine Brennsuppe gemacht und die Mutter hat dazu geröstete Erdäpfel gemacht. Da hat man Erdäpfel geröstet, die hat man dann immer in die Suppe getan und…
Und man hat auch zwei Schweine im Jahr abgestochen, man hat auch Schafe gehabt. Man hat im Herbst auch meistens ein Schaf abgestochen. Es hat keinen… keinen Kühlschrank und keine Gefrierschränke gegeben. Man hat das Fleisch, außer die ersten paar Tage, alles geselcht. Und Suppe hat es morgens gegeben… nur am Sonntag eine Fleischsuppe.
Und Kaffee, was ich weiß, war es so, da hat die Mutter noch Gerste in der Pfanne gebräunt, nur zum Kaffee machen. Und ganz wenig, da hat es dazumal Feigenkaffee gegeben, ein bisschen teurer. Das war eben auch so gepresst… ein gepresster [gemahlener, Anm.] Kaffee. So ein Ding. Das war extra, das hat Mutter nur ganz wenig gekauft, dass der Gerstenkaffee ein bisschen eine andere Farbe hat. Man hat nicht nur mit Feigen Kaffee alleine. Man hat eben sparsam die Feige gemischt mit der Gerste, dass nur der Kaffee ein bisschen eine Farbe gekriegt hat Und Kaffee hat es nur nachtmittags zur, man hat ja „Marend“ gesagt, gegeben.
Bei mir war es so, ich bin 1929 geboren. Also im Dezember 44 kriege ich einen Auftrag zum Einrücken, Vormilitärische Ausbildung, hat es geheißen. Ich war ja 15 Jahre.
Ich war überhaupt immer ein bisschen klein und schwächlich. Das hat mich geärgert. Im Vorarlberg ins Montafon haben wir müssen, von Bludenz bis Schruns ist wohl eine Bahn gegangen. Und das Lager, das war im Montafon. St. Gallenkirchen hat das Dorf geheißen. Und Herrgott, wir haben da ein Barackenlager gehabt, ein großes, vor den Innwerken. Geheißen hat das Vormilitärische Ausbildung. Wir haben alle eine Montur bekommen. Da war am Arm so ein Dreieck drauf. Danke zum Bataillon Landeck. Wobei, die halben waren ja Vorarlberger. Und da hat man uns schießen gelernt.
Wir mussten Handgranaten werfen, Eierhandgranaten. Und wir haben es kalt gehabt, wir haben selber in den Wald gehen müssen, Äste runterholen. Und meine zwei Kollegen, der Schwarz, Eugen und Siegmund Althaler, die waren zwar Jahrgang 28, die haben auch die vormilitärische Ausbildung zwei Monate machen müssen. Das ist mir aufgefallen, viele haben noch heim gehen können. Mich hat man nicht heim gelassen.
Wenn man etwas falsch gemacht hat, hat man in einem Meter Schnee – es hat viel Schnee gegeben – hat man müssen 10 Meter hat der Ausbildner die… die Exerzierpatrone … man hat eben alles gelernt. Und nachher hat man so… weil ich war halt auch ein bisschen langsamer. Und tatsächlich war ich auch immer ein bisschen zwieder. Und dann habe ich an einem Sonntag extra Schießen gehen müssen.
Dann haben wir in der 4er Reihe marschieren müssen. Man hat dem Hitler beim Marschieren so die Hand hochheben müssen. Und ich habe sie halt zu wenig hochgehoben. Da hat man mich zur Strafe eine ganze Nacht, da war ein Grenzschutz, so ein Häuschen hat der gehabt, auch vom Grenzschutz. Zur Strafe habe ich die ganze Nacht Grenzschutz mitmachen müssen. Ich habe nicht gehen können, nicht nur zwei Stunden, die ganze Nacht, als Strafe.
Man muss einem Mädchen Heimat und Herz geben können.
Die Magdalena war, war auch nicht zum Teil, es hat mich eh gewundert… Sie hat vor dem Vieh ein bisschen Scheu gehabt. Sie ist überall mitgegangen, auch in die Berge, sie hat alleine die Ziegen geholt. Sie war in der Nacht, sie hat ja die Kühe auf die Alm getrieben, aber wenn sie alleine im Stall war, dass ich gesagt hab, lass die Kuh raus im Herbst, auf die Weide. Nachher hat draußen gesenst und hat sie im Stall gefüttert. Sie hat nur, nur wenn sie alleine gewesen ist. Sie war ein bisschen, vor den Kühen ein bisschen scheu und das war… Man kann auf so einem Hof ja nur Vieh haben.
Aber es hat halt kein Kind mehr gegeben, das hat mir am ärgsten weh getan. Aber das – die Magdalena war immer, immer ehrlich zu mir und sie war da auch schon 40 Jahre. Und sie hat mir fleißig mitgeholfen. Sie hat sparsam gewirtschaftet. Sie hat alles gekauft, sie hat sogar auf der Kasse, ich habw gar nie gewusst, ob ich ein Geld auf der Kasse habe, hat alles meine Magdalena gemacht.
Sie ist hart gegangen. Sie hat noch gesagt: ich habe es auch nicht gewusst. Wir sind im Hof spaziert, wenn sie gekommen ist, habe ich sie jedes Mal da raus geführt. Sie hat eh gesagt: Ich könnte grad weinen. Weil sie es ja doch gewusst hat, sie hat wohl gesagt: Ich habe nicht Krebs. Aber es hat jeder gewusst, sie hat Krebs und so stark ist er nicht mehr heilbar. Und sie hat zu mir gesagt: Ich hab doch nicht Krebs. Und sie hat ja gewusst, sie hat gesagt sie kann gerade weinen, weil sie muss mich alleine lassen. Und ich, mir hat es auch weh getan, tut es heute noch weh.
Ich muss es ihr ehrlich danken. Ich kann niemandem danken, nur dem Herrgott, dass er sie mir gegeben hat. Und, und ihren Eltern danken, dass sie sie mir gegeben haben. Weil es war auch nicht ganz ohne.
Und die Liebe ist tatsächlich mit der Zeit sogar noch gewachsen, größer geworden. Sie hat mir alles getan.
Eine Ehe kann nur mit zwei funktionieren. Mit gleichen Interessen. Nicht wegen dem Geld, weil Geld ist heute überall und zum Verdienen. Es können auch zwei miteinander. Ich habe vor der Ehe schon gesagt: Wenn ich weiß, dass du mit einem anderen Burschen oder Mann etwas hast, in dem Moment sind wir geschieden. Und, und es ist eben, ich weiß es auch genau… es war der Benz oben. Es würden nach dem Ding schon mehr Ehen auseinander gehen, aber durch das, dass das Haus halt beiden gehört, wird oft noch zusammengeblieben, trotz dem, dass keine Liebe und nichts mehr da ist. Und das ist, das ist meiner Ansicht nach, ihr könnt ruhig… Das ist nur meine Meinung. Es gibt viele Gelegenheiten, wo du es machen kannst, aber wenn eine Ehe halten soll, nachher ist das 9. Gebot oder wie, schon auch wichtig. Weil dem Moment, wo einer überall ausgeht und überall ist, nachher ist er auch nicht ehefähig. Weil es so anfängt, gehst du eine Ehe ein oder nicht. Weil wenn eine Ehe halten soll, braucht es nicht unbedingt Geld, es braucht Charakter.
Darum sag ich, es ist das wichtigste, Charakter.
Ob ich zufrieden bin? Das kommt drauf an, ob ihr zufrieden seid.
Ja es kommt mir schon hin und wieder, blutet mir schon das Herz. Weil wenn ich an, an viele Sachen denke ich… Ich habe es schon schön. Wenn ich da beim Fenster raus schau und da das Kreuz und den Kirschbaum sehe und all das, was ich gepflanzt habe. Ich würde sicher an einem anderen Ort auch nicht mehr lange leben. Wenn ich ins Altersheim müsste; und so, so habe ich es schön. So lange ich selber ein bisschen kochen kann, man kriegt ja alles in Dosen und ich brauch vieles ja nur noch zu wärmen. Aber gehen tut es mir verhältnismäßig, so lange ich halbwegs gehen kann. Es zwickt überall, man hat halt überall ein kleines Leiden. Und ich muss heute auch sagen mit meinem Alter, es kann auch jeden Tag das Ende sein. Ich hoffe, ich hoffe dass es nachher auch noch gut geht. Weil etwas wird es geben. Ich bete auch und schau in den Himmel rauf und denke oft, Magdalena schau runter. Ich tue auch, was ich mir denke, was Magdalena getan hätte. Und so geht halt mein Leben weiter und ich stehe oft, wenn es regnet, oft erst um 10, 11 auf und mache mir selber Kaffee. Ich bin gut zufrieden und… und danke Gott dafür.
An den Krieg habe ich viele Erinnerungen.
Da war ich 10 Jahre, da ist der Hitler gekommen. Da waren auch ein paar… es hat auch Nazis bei uns gegeben. Die haben uns auch hoch her und wenn ich heute daran zurückdenke, auch vorgeschrieben. Man hat nachher auch einen Bürgermeister her von Landeck. Weil vorher war er ein Amtsverwalter, den hat der Hitler dann abgebaut und er hat sich selber als Bürgermeister von Serfaus hergestellt.
Man kann da nicht alles sagen. Ich war im Berg drinnen, im Ochsenberg. Es hat geheißen, heute ist der, oder nicht heute, jetzt ist der Hitler in Polen einmarschiert. Und ich weiß noch, gerade in der Nachbarschaft, der Erste: Hans, ich glaube der hat den Jahrgang 19 gehabt, der war der erste Gefallene in Frankreich.
Den hat man sogar zuerst noch mit Jubel und Hackenkreuzfahne gebracht, hat ihn da beerdigt, begraben noch in Serfaus. Was so eine Gaudi war, am Anfang vom Krieg. 42 sind halt schon viele eingerückt gewesen, mein Bruder war ja auch schon bald 6 Jahre dabei. Er ist bei den Ersten eingerückt, ein 21er [Jahrgang, Anm.] war er.
Er war nachher in Norwegen, in Finnland oben. Die ganze Zeit, und nachher, wie einmal die Amerikaner in Frankreich gelandet sind, hat er auch von Norwegen runter nach Frankreich müssen. Er ist, er war in… in Norwegen verwundet worden, ist in Oslo im Spital gewesen. Und er war nach dem Krieg, das war glaub ich 48, ist er erst heimgekommen, halt bei der letzten Fahne.
Er hat halt ungemein gejammert und geschimpft über die Franzosen. Er hat gesagt, man hat sie nicht erschossen, die Gefangenen, man hat sie erschlagen. Er hat eh gesagt, er hat vor den Russen mehr Respekt gehabt, obwohl er auch verwundet worden ist, als vor den Franzosen. Er hat gesagt, er hat einen Tag in der Woche einem Bäcker helfen können, dass sie ein Brot bekommen haben. Er hat gesagt, in Frankreich hat man sie arbeiten lassen und noch erschlagen.
Er hat noch gesagt, wenn ich nicht einrücken will oder gehe, nimmt er mich heute schon mit. Wärst eh gleich erschossen worden, die haben da viel probiert. Im April keinen Tanz mehr gemacht.
Am 1. März bin ich heim, ist man etwa eine Woche da gewesen. Ich habe auch gleich dem Vater geholfen, Mist zu führen, weil wir haben noch wohl einen Schnee gehabt. Zwei, drei Tage darauf kriege ich den Auftrag, nach Landeck. Wieder haben wir marschieren müssen. Wir haben keine Montur gehabt. Wir waren im Maria Heim einquartiert, eine ganze Woche. Man hat… ich weiß selber nicht, warum. Wir haben halt müssen in der Stanzer Leite herum klettern. Man hat einem marschieren gelernt. Da hast richtig ein Lied singen müssen. Weil es war ja 45, April. Nachher habe ich die Musterung gehabt, alle 29er die Musterung. Nicht tauglich. Eine Woche heim. In der Woche darauf Einberufung zu den Standschützen nach Zams. Da waren Gendarmen, die haben die Einberufung gebracht, das weiß ich noch wie heute. Da hat halt die Mutter geschimpft, es sind eh schon zwei, sogar eine Schwester ist eine Zeit lang eingerückt gewesen, die Älteste.
Die Mutter hat mit dem Gendarmen geschimpft, der Gendarm, weiß ich noch, hat noch gesagt, wenn ich nicht einrücken will oder gehe, nimmt er mich heute schon mit. Wärst eh gleich erschossen worden, die haben da viel probiert. Im April keinen Tanz mehr gemacht.
Gut, bin ich zu den Standschützen nach Zams eingerückt. Da habe ich keine Montur genommen. Ich habe gesagt, ich springe ja auf die Hose drauf, ich kann die nicht haben. Gut, ich habe keine Montur, und dann haben wir auf Flirsch müssen.
Wir haben keine Küche gehabt. Man hat halt eine Decke hergeworfen, man hat am Boden geschlafen. Und da haben meine Kollegen, die mit mir geschlafen haben, gesagt: Geh du, hast keine Montur, du kennst dich überall aus, hau ab. Nachher mussten wir mitten in der Nacht alle mit dem Zug auf Landeck Bahnhof, mitten in der Nacht sind 10 Postauto unten gestanden. Der Amerikaner ist ja schon im Vorarlberg gewesen, sie haben nur zuerst gemeint, er kommt über den Arlberg. Der Amerikaner hat den Arlberg umgangen, ist auf Reutte. Und hat man mitten in der Nacht weg auf Reutte, mit dem Postauto, weil da ist kein Zug mehr gegangen. Da habe ich ein Auto rausfahren gehört, ein Lastauto. Der hat mich gar nicht gespürt, ich war ja jung, ich war in einem Schwung hinten drauf. Ja. Und das Lastauto ist nur bis auf Landeck gefahren. Nachher bin ich zu Fuß von Landeck heim.
Runter sind immer Autos gekommen, rauf ist keines mehr gekommen Nachher bin ich, weil man nicht ganz sicher gewesen ist, bin ich auch mit meinem Geweht da in die Wälder gegangen. Und in den Wäldern ist man auch, ist man ein paar Tage sicher gewesen, wenn es zu lange gegangen wäre, hätte mich auch die Schweiz gefunden, eventuell. Weil es waren da öfter, beim Hirten schon, da sind dauernd Desserteure gewesen, ob das Militär oder Juden oder zich Flüchtlinge gewesen sind. Oft hat man die gequält, als Hirtenbub schon.
Mai war Kriegsende. Im ganzen Stadel haben wir Militär von allen Sorten gehabt. SSler, die waren ja tätowiert. Die sind ja zum Vater gegangen, am Arm das Tätowierte weg machen, hat man mit Salzsäure probiert. Das hat man ja zum mähen auch ein bisschen gebraucht. Und der Vater hat halt auch überall geholfen. Und da war, hat in einer Woche, der Stadel war eh leer… Zu Essen haben sie selber mitbringen müssen. Da ist von Serfaus runter hin und wieder ein Wagen gekommen. Da war noch kein Weg, hat der hin und wieder Salz verloren durch den schlechten Weg. Und nach einer Woche oder zehn Tagen hat sich das Militär… hat man alles vor zu aufgelöst.